Los geht’s zum Morgentraining – wir sind spät dran und als wir kommen, ist die Gruppe schon mitten in der ersten Runde der 38er Handform. Ich stelle mich hintenan und laufe mit, Meister Yang übernimmt vorne ab der 85er. Es läuft gut heute bei mir – ich fühle mich beweglicher, nicht mehr so müde wie die ersten Tage, bin einfach jetzt voll und ganz da. Und übernehme wieder wie schon bei den vorherigen Aufenthalten alles mögliche für Meister Yang. Heute werde ich zum Auto geschickt, 

um ein paar Dinge ins Auto zu laden, die andere Schüler mitgebracht haben. Als ich zurückkomme ist ein Teil der Gruppe schon weg, der Rest will nochmals die 38er laufen – ich soll vorne dran stehen und anleiten… “laoshi Claudia” heißt es rundherum. Meister Yang sagt ja ich soll – also stelle ich mich vorne dran, konzentriere mich und versuche dennoch locker zu bleiben, auch wenn alle Augen auf mich gerichtet sind. Ich spüre, dass es gut läuft und freue mich dennoch oder gerade deshalb ganz besonders über ein „bu cuo 不错  = nicht schlecht“ des Meisters direkt danach. Das ist wie in Schwaben „nicht geschumpfen ist genug gelobt“ zu verstehen. Danach ist für heute Ende des Morgentrainings. Rundherum ist noch viel los: eine Seniorengruppe ist da, wie jeden Morgen Taijiquan (eine Art Yang-Stil muss es sein), eine Seniorengruppe übt Schwert und Stock, gegenüber sind Chen-Stil-Trainierende, eine große Gruppe macht Morgengymnastik, ein paar schwingen ihre Fahnen usw. Es ist immer was los auf diesem Platz.

Das Mittagstraining ist bei super Wetter – nicht zu heiß, nicht zu kalt, nicht windig – wieder im Dong Huan Park, heute direkt am Wasser. Meine Aufgabenstellung ist klar, ich hänge an einer Stelle, die mir schon immer Schwierigkeiten bereitet hat. Außerdem hat Meister Yang auch einiges verändert, so ist das Formentraining immer Bestandteil des Trainings. Dazu aufwärmen, dehnen, Zhan Zhuang in Varianten, Schrittübungen etc. Heute komme ich einen großen Schritt weiter und die neuen Idee Meister Yang Jian Chaos kann ich immer besser nachvollziehen und Stück für Stück integrieren. Es liegt noch viel Arbeit vor mir, aber das wollte ich ja so. Derzeit trainiere ich gemeinsam mit Zhang, der ebenfalls längere Zeit hier ist – aus der inneren Mongolei kommend. Bis Ende nächster Woche wird er noch da sein und wir verbringen die Nachmittagsübezeit zusammen, auch wenn an anderen Stellen wie ich arbeitet.

Das Abendessen nehmen wir recht spontan mit Yang Jian Chaos Familie gemeinsam ein. Mit seiner Frau und seinen beiden Töchter fahren wir zu einem schönen Restaurant – das Essen ist megalecker mit Fisch, Brokkoli und Lotus-Gemüse, süße Auberginenstücke, süßes Schweinefleisch, Hirsesuppe, verschiedene Varianten gefüllter Schnecken mit Fleisch bzw. Gemüse. Danach geht’s zurück, ich gehe noch ein paar Kleinigkeiten einkaufen in der Fußgängerzone (ein Bier habe ich mir verdient 😊) und dann geht’s ins Hotel,