Eine der schönsten Schluchten Armeniens – so Lianas Aussage – liegt vor uns: die Schlucht des Amaghu. Ich setzte mich im Bus ganz nach vorne, um ein paar Fotos zu schießen. Und finde mich gleich zwischen hoch aufragenden Gesteinswänden rechts und links zwischen denen sich die Straße in die Schlucht windet. Bis ans Ende der Schlucht fahren wir, Stück für Stück geht es bergauf bis ans Ende der Schlucht. Rundherum ragen rötlich schimmernde Klippen auf – die Kulisse ist einfach fantastisch. Unsere Reiseführerin Liane merkt an, dass es hier oben wichtig ist, festes Schuhwerk zu tragen. Gäbe es doch „unterarmdicke, giftige Schlangen“. Wir begegnen keiner und sehen auch keine – gut so. Dafür bestaunen wir die Kunstfertigkeit mit der diese Anlage gebaut haben, die für mich einer der Höhepunkte der bisherigen Reise ist.

Die Anlage besteht aus einer zweistöckigen Muttergotteskirche „Surb Astvatsatsin“ (auch „Täuferkirche“ genannt) , der Hauptkirche „Surp Karapet“ (oder „Surp Stephanos“) und der Gregorkirche „Surp Grigor“. Schon im 9. oder 10. Jhdt. wurde hier gebaut, aber aufgrund eines starken Erdbebens hier in der Region auch wieder zerstört. Im 13. Jhdt. wurde die ganze Anlage erneuert und erweitert. Zu dieser Zeit wurde durch den Architekten Momik die bis heute vollständig erhaltene neue Täuferkirche gebaut – ein ganz außergewöhnliches Meisterwerk der sakralen Architektur. Daneben gibt es noch die an die Hauptkirche angebaute Gregorkirche und verbliebene Mauerreste aus dem 9./10. Jhdt. Auch einige interressante Kreuzsteine sind in der Anlage zu sehen. Das Kloster diente bis ins 19. Jhdt. als Grablege Fürsten der Orbelian-Dynastie und war als Bischofssitz im 13. und 14. Jhdt. ein wichtiges religiöses Zentrum Armeniens. Weitere Erdbeben 1841 und 1931 erschütterten die Region und führten zu erheblichen Schäden. Umfassende Renovierungsarbeiten an dem Kloster an der Schlucht erfolgten dann im 20. Jahrhundert. Ein Besuch der Klosteranlage in dieser Landschaft sollte auf keiner Armenien-Rundreise fehlen – nicht ohne Grund ist es seit 1996 auf der Liste der Weltkulturerbestätten der UNESCO gelistet.

Heute am Sonntag sind viele Einheimische unterwegs und so ist mal ausnahmsweise sehr viel los. Dennoch klettere auch ich die steilen Stufen der Hauptkirche hoch und hinterher mit wackeligen Knien auch wieder hinunter. Nach einer ausgiebigen Besichtigung fahren wir dann weiter – noch ca. 80 km bis Yerevan liegen vor uns.

Areni – Uralte Rebsorte in der Region um das Dorf Areni : Wir fahren nun durch die Region Vayots Dzor, die für ihren Weinbau bekannt ist. Auf der Fahrt zeigt Liana uns in der Nähe des Dorfes Areni den Eingang zur Höhle, in der 2017 bei Ausgrabungen viele interessante Funde zu Tage kamen. Unter anderem der „älteste Lederschuh“ der Welt, Töpfe mit menschlichen Schädeln und Hirngewebe sowie ein 6000 Jahre alte Weinpresse und dazugehörige Tongefäße mit Traubenkernen. Was das bestätigte, was schon lange behauptet wurde: dass in Armenien schon sehr früh hochentwickelter Weinbau betrieben wurde. Armenien gilt mit diesem Fund nun gar als Geburtsstätte des Weinbaus. Das Dorf Areni liegt auf über 1.000 Metern Seehöhe in einer der sonnenreichsten Region in Südarmenien. Das Klima ist für den Weinbau ideal: trockenes Kontinentalklima mit großen Temperaturunterschieden zwischen Sommer und Winter, zwischen Tag und Nacht. Steinige aber nährstoffreiche Böden, die die Wärme der langen, sonnigen und sehr warmen Sonnentag speichern. Unzählige Quellen, die die nötige Feuchtigkeit sichern. Vor allem im Sommer wie Herbst bleibt das Wetter i.d.R. sehr stabil warm, mit nur geringen Niederschlägen, was die Gefahr von Rebkrankheiten stark reduziert. Die hier kultivierte Rebsorte heißt wie das Dorf „Areni“ und ist eine uralte, autochthone Rebsorte (= kommt nur hier vor). Diese Urrebsorte Armeniens kann mit einer hohen Wahrscheinlichkeit als die ursprünglichste Edelrebsorte der Welt bezeichnet werden. Sie reift spät und ergibt besonders gehaltvolle, elegant aromatischen Weine (mit Lagerpotential – sofern nicht vorher getrunken 😊).

Eigentlich ist das alles einen Halt Wert, aber es wartet noch einiges auf uns: Das Kloster Khor Virap mit Blick über die Araratebene auf den Ararat. So geht es weiter durch teils karge Berglandschaften, entlang grüner Hänge und fruchtbarer Terrassen, auf denen Wein, Obst, Gemüse angebaut wird.

Unser letzter Halt für Heute: die Klosteranlage Khor Virap liegt vor uns auf einer Hügelspitze. Wieder gibt es eine atemberaubende Aussicht auf die Araratebene vor uns und dahinter den Fuß des Ararats (direkt hin. Obwohl der Ararat direkt hinter der Grenze auf türkischem Boden steht, gilt er dennoch als Nationalsymbol der Armenier. Die Spitzen des großen biblischen Berges Ararat wie die des kleinen daneben sind und bleiben allerdings heute leider in den Wolken verschwunden. In Khor Virap war Grigor Lusavorich, der später zum „heiligen Gregor der Erleuchter“ ernannt wurde, inhaftiert. Der Legende nach heilte er während seiner langjährigen Haft den kranken König Trdat III., dem keiner zu helfen wußte. Der König konvertierte daraufhin zum Christentum. Noch heute kann man in der Str. Georgs-Kapellte in die unterirdische liegende Gefängniszelle hinabsteigen.

Noch einmal müssen wir in den Bus – heute kommen wir erst spät an: Yerevan, die Hauptstadt Armeniens begrüßt uns lebhaft und lebendig rund um das Hotel mitten in der Stadt mit vielen jungen Leuten.