Mit dem Bus geht’s nun weiter an die georgisch-armenische Grenze bei Sadachlo – dem wichtigsten Grenzübergang zu Georgien aus Sicht der Armenier. Unsere georgische Reiseführerin Ana hat uns die letzten Tage schon erklärt, dass Georgien zu allen Nachbarn freundschaftliche Beziehungen pflegt – mit einer Ausnahme: Russland. Es gibt nicht einmal eine russische Botschaft in Georgien. Um es mit ihren Worten auszudrücken „man kann ihnen nicht trauen. Auf der kleinen Leute Ebene funktioniert es, aber mit dem Staat und dessen Machthabern nicht“. Und Ana erzählt uns von den Bedenken, die viele Georgier in sich tragen, seit viele junge Russen aufgrund des Ukraine-Krieges nach Georgien gekommen sind. Die hier nun leben und arbeiten, vielleicht auch bleiben müssen oder wollen. Sich ansiedeln, das ganze Leben hier verbringen. Die Sorge ist, dass Putin/Russland diese Auswanderung aus dem eigenen Land durchaus mit Kalkül sieht, diese Entwicklung irgendwann (wieder) in eine Argumentation münden lassen wird„dass man nun auch die Russen hier in Georgien vor Unterdrückung, Benachteiligung oder gar Schlimmeren „beschützen“ muss. So wie schon in anderen Regionen und Gebieten – nicht nur in Georgien – geschehen.

Zu Armenien bestehen gute Beziehungen, unser Grenzübertritt ist dennoch etwas langwierig. Zuerst aus Georgien heraus – zu Fuß die Grenzkontrollen hinter uns bringen, während unser Bus draußen durchfährt und kontrolliert wird. Dann wieder einsteigen, ein paar hundert Meter fahren bis zur Grenzkontrolle zur Einreise nach Armenien. Wir müssen wieder alle raus aus dem Bus, aber dieses Mal mit dem gesamten Gepäck, Handgepäck wie Koffer. Wir werden fotografiert, gescannt und der eine oder andere muss zeigen, was er da im Gepäck hat. Und auch unser Busfahrer – ein Armenier, mit dem in Armenien zugelassenen Bus – wird auch komplett durchgecheckt, der Bus gefilzt. So dauert es eine Weile bis wir alles wieder im Bus haben und nochmals durch eine Schranke dann die Grenzanlagen verlassen können. Draußen wartet schon Liana, die uns hier in Armenien führen wird.  Noch schnell etwas Geld in armenische Dram wechseln und los geht’s vom tiefsten Punkt Armeniens hier in der Grenzregion bei Sadachlo mit rund 370 Metern Höhe.

Die Landschaft ist gleich ganz anders: es geht gleich hoch in das armenische Hochland. Hier im Norden Armeniens ist es sehr grün, viele Bäume – 60% aller Bäume/Wälder Armeniens sind hier zu finden. Noch ein bisschen nennenswerten Wald gibt’s Richtung iranische Grenze. Der Rest verteilt sich sehr stark – in vielen Gebieten gibt’s nur einzelne Bäume. Und es geht gleich hoch und runter – schnell sind wir auf 1.200 – 1.400 Metern Höhe auf unserer Hauptverkehrsader von Yerevan nach Tbilisi. Die frisch geteert wurde – an den meisten Stellen 😊. Für eine Hauptverkehrsader ist noch einiges zu tun und es ist erstaunlich wenig los. Noch weiter oben auf den Hochplateaus verläuft eine zweite Straße, allerdings in einem nicht so guten Zustand – sie war die Ausweichstrecke während hier unten in den letzten 3 Jahren eine neue Teerdecke aufgebracht wurde und die Straße lange Zeit komplett gesperrt war. Und dann geht’s auch wieder runter in die tiefe Schluchten. Der Fluß Debed begleitet uns bald, die Eisenbahnstrecke auch. Es gibt nur diese eine einzige wirklich funktionierende Eisenbahnverbindung in Armenien – von Yerevan kann man mit dem Nachtzug über diverse Umwege nach Tbilisi gelangen.

Wir genießen die Landschaft auf unserer Fahrt auf der „Klösterstraße“, die uns (von Georgien kommend) zunächst „fast ans Ende der Welt“ bringt, auf das Hochplateau mit herrlicher Aussicht auf dem wir das Kloster Haghpat finden. Es ist seit 1986 Unesco Weltkulturerbe und mit dem Schwesterkloster Sanahin sehr bekannt. Vor der Besichtigung steht noch unser Mittagessen an: versprochen wurde uns das „beste armenische Schaschlik“. Aus glücklichen Schweinen – weil die hier alle frei laufen dürfen – werden Stücke auf Spießen gebraten/gegrillt. Sehr gut gewürzt und ebenfalls sehr leckeren Ofenkartoffeln in Spalten ist das unser Hauptgericht heute. Natürlich gibt’s davor eine Menge Vorspeisen, danach Obst und armenischen Kaffee (vergleichbar dem türkischen Mokka).

Und wir haben wieder mal Glück: fast die ganze Fahrt hier herauf hat es geregnet – kaum sind wir oben, kommt die Sonne durch. Und auch das Kloster können trocken besichtigen. Dann steht nur noch die Fahrt nach Alaverdi an – hier haben wir unsere Unterkunft für eine Nacht: Das Hotel Tufenkian, direkt am Debed gelegen, der aufgrund des vielen Regens zu einem reissenden, lauten Fluss angeschwollen ist.