Die hohen Gipfel rundherum sind heute morgen in Wolken getaucht. Zum ersten Mal stimmen die Wettervorhersagen der WetterApps: es ist sehr kühl und es regnet. Nach einem guten, reichhaltigen Frühstück packen wir unsere Koffer in den Bus, bevor es dann mit Kleinbussen mit 4-Rad-Antrieb hoch hinauf zur Dreifaltigkeitskirche, der Gergeti-Kirche, geht. Diese ist schon vom Ort Kasbek (Stepantsminta) unten ein beliebtes Fotomotiv mit dem Kasbek im Hintergrund. Der Kasbek ist mit einer Höhe von 5.047 Metern der dritthöchste Berg Georgiens, der höchste in Ostgeorgien und liegt an der Grenze zu Russland. Er ist ein erloschener Vulkan und im Sommer wie Winter ein beliebtes Ziel für ambitionierte Bergsteiger. Heute zeigt sich der Kasbek wieder einmal nicht, aber gestern Abend konnten wir während unseres Abendessens einen kurzen Blick erhaschen.
Hat man viel Zeit kann man bis zur Kirche hochlaufen – 4 h sollte man einkalkulieren und körperlich fit sein. Unsere Fahrt bis zum Fuß der Gergeti-Kirche (Tsminda Sameba, Dreifaltigkeitskirche) verläuft schnell und unproblematisch – Schnee liegt keiner mehr, die Fahrer kennen die Strecke in- und auswendig. Aber draußen zieht ein heftiger Wind und es schüttet ganz schön. Die letzten Meter laufen wir hinauf und sind alle froh, bald wieder unter einem Dach zu stehen. Die Kirche liegt auf dem 2.170 Meter hohen Berg Kvemi Mta. Die Gergeti-Kirche stammt aus der ersten Hälfte des 14. Jhdt., der Ära Georgis V., der Glockenturm ist etwas jünger. Sie wurde erbaut, um die Christianisierung der Bergvölker zu festigen, die trotz Bekehrung weiterhin heidnische Riten und Bräuche pflegten. Bis heute ist es in den Bergen durchaus üblich, dass z.B. Tiere als Opfer der Kirche gespendet werden. Die Kirche entscheidet dann, was mit dem Tier geschieht, es freigelassen wird oder geschlachtet und Bedürftigen gespendet wird. Der derzeitige Patriarch und Katholikos der Georgischen Kirche stammt aus der Gegend, zelebriert hier alle 2 Jahre eine Messe – eine besondere Ehre für alle Gläubigen hier.
Einige Wandmalereien aus der Entstehungszeit sind erhalten und die Ikone der Gottesmutter Maria mit dem Jesuskind ist besonders hervorzuheben. Frauen benötigen heute neben dem unverzichtbaren Kopftuch auch einen Rock – es liegen glücklicherweise genügend bereit. In der Kirche dürfen wir leider nicht fotografieren und draußen macht das Wetter weiter keine Lust, auf lange Fotosessions vor dem bei schönem Wetter sicherlich beeindruckendem Panorama der Berge rundherum und des Kasbek insbesonders. Bald geht es daher weiter in den Ort zurück, wir bekommen die Gelegenheit das Handwerk des Filzens vorgestellt zu bekommen. Das früher einfach eine Handarbeit war, mit der z.B. benötigte Kleidung hergestellt wurde. Bis heute werden z.B. für Schafhirten warme, schwere Mäntel damit hergestellt, die auch noch wasserdicht sind. Aber mehr und mehr hat die Kunst auch in das Filzhandwerk Einzug gehalten. Unsere Gastgeberin hat die Handarbeit zu einem Kunsthandwerk kultiviert. Wir bekommen erklärt wie die Wolle vorbereitet und gefärbt wird. Und dann gezeigt wie aus Wollfassern Filzstücke entstehen: ein quadratisches Stück entsteht, auf dem die grünen Berge vor dem weiß-grauen Kasbek, Sonne und Wolken am Himmel zu sehen sind. Der eine oder andere darf mithelfen und hautnah erleben, dass die Arbeit durchaus anstrengend sein kann. Im Anschluss sind wir zu Tee eingeladen. Schwarztee serviert mit verschiedenen süßen Gelees und eingekochten Früchten: Löwenzahngelee, Berberitzen, schwarze Walnüsse, Mandarinen, Rosenblütengelee. Das kann in kleinen Portionen in den Tee gegeben werden oder dazu gelöffelt werden.
Danach fahren wir auf der Georgischen Heerstraße in Richtigung Tbilisi zurück, wieder über den Kreuzpass. Die Berge rundherum sind deutlich mehr gezuckert als gestern – hier oben hat es geschneit.