Aus der Provinz Shaanxi sind sie gekommen: rund 30 Schüler wollen hier in Guangfu Taijiquan üben. Über 600 km westlich von hier liegt Yan’an – den weiten Weg haben sie auf sich genommen, nur um hier trainieren zu können. Mit dem Auto sind sie gegen Abend angekommen und so geht es zunächst mit einem großen, gemeinsamen Abendessen los.

Neben essen und trinken gibt es heute auch gute Unterhaltung: die Gäste singen, Männlein wie Weiblein tragen einige ihre Stücke vor. In ihrer Heimat ist das Tradition, erklärt mir mein Shifu. Sie kommen auch einer bergigen Gegend, in der die Menschen oft weit entfernt voneinander gewohnt haben und sich über Schluchten und Täler hinweg nur mit lauten Rufen oder lautem Singen austauschen konnten. Viele Lieder haben sich eher traurig und ein bißchen schwermütig angehört – aber alle wurden mit viel Herz vorgetragen und die Vorführenden mit viel Applaus belohnt. Der Abend endet für viele feucht-fröhlich – auch heute wurden Runden um alle Tische gedreht, natürlich verbunden mit einem Zuprosten und Anstoßen.

Der nächste Morgen fängt trotzdem früh an – Morgentraining schon um 6.00 h mit heute zunächst 30 Minuten stehen. Meister Yang Zhen He leitet heute das Training, das etwas länger geht, als sonst üblich. Eine Schaf-Suppe für alle gibts danach – gewöhnungsbedürftig, sogar für mich. 

Am Abend darf ich dann noch an einer Tudi-Zeremonie teilnehmen: dieses Mal als Gast. Im Hause von Meister Yang Zhen He wird der neue Tudi direkt unter dem großen Yin-Yang-Zeichen (Licht) an der Decke aufgenommen. Das Essen danach wird mein letztes Abendessen hier in Guangfu.