Der Tag vor dem 70. Jahrestag der VR China. Überall ist beflaggt, große Straßen sind gesäumt von Fahnen. Wichtige Plätze sind ebenfalls geschmückt, ebenso wie viele Firmen und Hotels einen erheblichen Aufwand betreiben, um alles für die 70-Jahre-Feier besonders schön aussehen zu lassen. Wir fahren erst einmal

zum Morgentraining in den Park. Auf einem sehr großen Platz sind viele Gruppen schon um diese Zeit. Taijiquan ist gut vertreten, Chen-Stil und Yang-Stil sehe ich, manchmal neben Hand- auch Waffenformen. Wir üben mit einigen Schülern von Meister Yang Zhen He aus Shijiazhuang sowie einigen Schülern Meister Yang Jian Chaos. Ich treffe alte Bekannte aus 2016 wieder und die Wiedersehensfreude ist groß. Wir laufen zunächst mehrfach die Form, bevor Meister Yang Jian Chaos Details erklärt, zeigt, Fragen beantwortet. Viele Zuschauer bekommen wir gleich bei der Form, viele bleiben auch danach stehen und schauen einfach zu. Ein gemeinsames Frühstück im Anschluss gibt’s gleich um die Ecke – wir sitzen da, wo „die normalen Leute“ auch essen, wird mir erklärt. Das ist mir recht, es ist lecker und mittendrin gefällt es mir eh am besten.

Dann werden Pläne wieder einmal geändert. Wir bleiben doch noch eine weitere Nacht – für heute Abend hat Meister Yang Jian Chao für uns eine Einladung zu einem Abendessen erhalten. Eine seiner Schülerinnen, die sehr gut vernetzt ist, lädt ins „Taihang State Guesthouse“ ein – die beste Adresse in Shijiazhuang. Also: nochmal einkaufen, jetzt brauchen wir angemessene Kleidung. Für so ein Event sind wir beide nicht gerüstet.

Das Training zur Yang-Ban-Hou-Firm findet wieder in einem Park statt – wir haben Blick auf das imposante Gebäude, in das wird danach eingeladen sind. Es wird ein beeindruckender Abend: die Einladenden bringen hier viele verschiedene (wichtige) Leute zusammen. Es wird miteinander gegessen und auch getrunken. Bevorzugt heute Moutai, ein sehr teurer Schnaps, wenn nicht der teuerste Schnaps Chinas. Kontakte werde dabei geknüpft, Wechat-Kontaktdaten ausgetauscht. Mir wird erzählt, wer schon wo in Deutschland war und ich werde gefragt, warum ich hier in China bin. Manches verstehe ich gut, aber ohne Meister Yang Jian Chaos Übersetzungshilfe, wäre es doch sehr schwierig.

Nach der Nudelsuppe ist Schluss: der letzte Essensgang, dann wird gleich danach aufgebrochen – ganz typisch chinesisch eben.