Noch einmal erkunden wir Shanghai: das französische Viertel haben wir noch nicht gesehen.

Der Name ist etwas irreführend, denn das französische Viertel war sehr, sehr groß – wir sehen heute aber nur ein paar wenige Gassen mit kleinen Gebäuden, die alle ziemlich europäisch aussehen. Ich würde jetzt nicht einmal sagen „französisch“, sondern einfach europäisch oder gar hanseatisch mit den Bauten aus Ziegel- bzw. Klinkersteinen. Heute ist das Xintiandi 新天地 (so heißt das hier) ein sehr teures Pflaster, viele angesagte Bars, kleine Restaurants und ein paar Einkaufsgeschäfte. Wir drehen eine Runde, Kun erzählt uns einiges und dann können wir nach Herzenslust fotografieren. Bald geht es aber weiter mit dem Bus: zunächst können wir bestaunen, wie Seide hergestellt wird. Wir sehen, wie die Kokons abgewickelt werden und wie dann eine Seidendecke hergestellt wird. Natürlich kann hier auch alles käuftich erworben werden. Die Preise sind gut, aber wir wollen nicht schon zu Anfang unserer Tour kaufen und dann alles mitschleppen müssen.

Dann kommt unser letzter Ausflugspunkt hier in Shanghai: wir fahren zu einem buddhistischen Tempel: den Longhua-Tempel. Schön und ruhig ist es hier, kaum Touristen haben sich hierher verirrt. Die ganze Tempelanlage ist sehr schön und Kun kennt sich auch hier sehr gut aus, kann vieles zu den verschiedenen Tempeln erzählen.

Danach verabschieden wir uns endgültig von Shanghai und fahren rund 2 Stunden mit dem Bus nach Südwesten. Wuzhen – das Wasserdorf wartet auf uns. Der Bus muss außerhalb bleiben, nur mit kleinen Elektrobussen geht es ins Dorf hinein. Wir fahren mit leichtem Gepäck rein – nur der Tagesrucksack ist für eine Übernachtung gepackt. Der kleine Ort ist durchzogen von kopfsteingepflasterten Gassen und vielen Wasserkanälen. Die alten Häuser wurden teilweise renoviert und auf die Bedürfnisse auch westlicher Touristen angepaßt. Wir sind zu Gast in einem der bewohnten Häuser – hintendran gibt es schöne Gästezimmer mit Mosikitonetzen. Die brauchen wir hier auch – rundherum ist viel Wasser und es ist auch sehr heiß. Unendlich viele Chinesen sind hier – es ist ein chinesisches Touristenziel. Von Ausländern wurde das Dorf noch nicht entdeckt. Kun meint, Chinatours sei bislang der einzige Anbieter, der das hier im Programm hat – wir sind somit die einzigsten Langnasen.

Wir sind früh dran, so gehen wir heute schon in das Fußbinde-Museum (leider Fotoverbot drinnen). Wir erhalten einen kleinen Einblick in eine zum Glück vergangene chinesische Tradition. Kleine Füße galten lange als erstrebenswertes Ziel – so wurden den Mädchen schon früh die Füße so fest gebunden, dass die Zehen nach unten wuchsen und der Fuß in winzige Schuhe gepasst hat. Richtig bzw. ohne Schmerzen laufen oder gar arbeiten, ging damit allerdings nicht mehr. Die „Goldenen Lotus-Füßchen“ gab es bis in die 1930/1940er Jahre (trotz Verbot) – unser Reiseführer Kun erzählt, dass er noch einige wenige alte Frauen gekannt hat, die das noch selbst ertragen mußten.

Und dann kommt wieder ein wunderbares chinesisches Abendessen – wir genießen einfach die Vielfalt dieser Küche. Alles schmeckt einfach genial. Das Frühstück morgen nehmen wir unten im Haupthaus ein – gleich im Eingangsbereich werden uns unsere Gastgeber bewirten. Ich bin gespannt – das ist nochmals etwas anderes, als in einem großen Speisesaal im Hotel.